Selbstbezüglichkeit und Kreuzverweis

Einige Tage nach Ihrer Rückkehr von der Insel der Roboter stattete unser Paar dem Zauberer wieder einen Besuch ab. "Ich war von diesen Programmen wirklich beeindruckt", sagte Annabel. "Wie haben es die Roboteringenieure jemals geschafft, sich diese auszudenken ?" "Sie haben alle mit Problemen der Theorie der Bezeichnung zu tun", antwortete der Zauberer. "und zwar vor allem mit Zitatbezeichnungen." "Was ist das denn ?" "ich muß euch das von Anfang an erklären", sagte der Zauberer. "Kennt Ihr den Unterschied zwischen dem Gebrauch und der Bedeutung von Wörtern ? Weder Annabel noch Alexander hatten je davon gehört. "Ich werde es mit einem Beispiel verdeutlichen", sagte der Zauberer und schrieb den folgenden Satz nieder:

(1) Eis ist gefrorenes Wasser. "Ist dieser Satz richtig oder falsch ?" fragt der Zauberer.  "Offensichtlich richtig" antworteten Annabel und Alexander.  "In Ordnung. Was ist nun mit folgendem Satz?"

(2) Eis hat drei Buchstaben. "Ebenfalls richtig" sagte Annabel. "Natürlich ist das wahr", sagte Alexander. "Eis hat drei Buchstaben." "Nein, das hat es nicht!" widersprach der Zauberer "Gefrorenes Wasser hat überhaupt keine Buchstaben! Es ist das Wort <EIS>, das drei Buchstaben hat. Also ist Satz (2), so wie er hier steht, schlicht falsch ! Die korrekte Version lautet folgendermaßen :

(2)´ "Eis" hat drei Buchstaben. "Satz (1) macht eine Aussage über die Substanz Eis; Satz (2) handelt von der Substanz Eis, aber was er aussagt, ist falsch. Satz (2)´ macht eine korrekte Aussage über das Wort <Eis>. Wenn man über das Wort spricht, setzt man es in Anführungszeichen - wenigstens ist das die ältere Methode, mit der wir eine Weile arbeiten werden. Wie dem auch sei, in Satz (1) wird das Wort <Eis> gebraucht, weil eine Aussage über die Substanz und nicht über das Wort gemacht wird. Aber in Satz (2) wird das Wort <Eis> genannt, oder es wird darüber gesprochen, aber es wird nicht gebraucht, denn der Satz sagt etwas über das Wort, aber nicht über die Substanz <Eis> aus." "Das scheint klar zu sein" sagt Annabel. Der Zauberer schrieb dann folgenden Satz auf und fragte das Paar, ob er richtig oder falsch sei :

(3) " " " Eis " " " hat drei Paar Anführungszeichen. "Das ist offensichtlich richtig", sagte Annabel. "Natürlich ist es das !" stimmte Alexander zu. "  "Es tut mir leid, aber ihr habt beide unrecht" sagte der Zauberer. "Ja, was ich aufgeschrieben habe, steht tatsächlich in drei Paar Anführungszeichen, aber die Aussage des Satzes hat nur zwei Paar Anführungszeichen. Die richtige Lesart ist folgende :

(3)´ " " " Eis " " " hat zwei Paar Anführungszeichen. "Das ist ein bißchen verwirrend" sagte Annabel. "Na gut, vielleicht hilft euch folgendes. Ist dieser Satz wahr ?"

(4) Eis hat kein Paar Anführungszeichen. "Ja", antwortete Alexander, "die Substanz Eis hat keine Anführungszeichen." "Wie steht es mit dem folgenden ? "

(5) " Eis " hat keine Anführungszeichen. "Das ist falsch", sagte einer der beiden. "Ich sehe ein Paar Anführungszeichen."  "Das ist nur was du siehst" sagte der Zauberer, "aber der Satz macht eine Aussage über das Wort <Eis> ohne Anführungszeichen. Also ist der Satz (5) richtig! Was gebraucht wird, hat ein Paar Anführungszeichen, aber worüber gesprochen oder was genannt wird, hat keine." " Ich glaube, ich fange an zu verstehen", sagte Annabel. "gut, dann überdenkt den folgenden Satz."

(6) " " Eis " " hat ein Paar Anführungszeichen. "Ich verstehe nun, daß das wahr ist" sagte Alexander. "Gut, und was  ist mit dem folgenden ?"

(7) " " " Eis " " " hat zwei Paar Anführungszeichen. "Ja, das ist wahr", meinte Annabel. "Gut, fuhr der Zauberer fort. "Laßt mich den Unterschied zwischen <Gebrauch> und <Bedeutung> nun amüsant darstellen. Ist der nachstehende Satz richtig oder falsch ?"

(8) Man braucht länger, die Bibel zu lesen, als "die Bibel " zu lesen. "Das ist ganz sicher richtig" lachte Annabel. "Man braucht viel länger !" "Das ist ein Fall", erklärte der Zauberer, "in dem <die Bibel> im selben Satz sowohl gebraucht als auch genannt wird." "Nun, versuchen wir es mit diesem :

(9) Dieser Satz ist länger als " dieser Satz "  "Ebenfalls richtig" waren sich beide einig. "Gut, könnt Ihr mir jetzt sagen, in welcher Sprache der folgende Satz geschrieben ist, in Französisch oder in Deutsch ?"

(10) " Le diable " ist der Name von le diable. "Ich würde sagen, in beiden", sagte Annabel. "Er enthält sowohl deutsche als auch französische Wörter." "das ist richtig", sagte der Zauberer. " Wie steht es mit diesem ?"

(11) " Le diable " ist der französische Name des Teufels. "Auch in beiden", antwortete Alexander. "Auch dieser Satz besteht aus französischen und deutschen Wörtern." "Diesmal ist es falsch", widersprach der Zauberer. "Die französischen Wörter darin sind beide in Anführungszeichen, also wird eine Aussage darüber gemacht, aber sie werden nicht gebraucht. Der springende Punkt dabei ist, daß jede Person, die deutsch lesen kann, selbst wenn sie kein einziges französisches Wort kennt, den Satz perfekt versteht (und nebenbei ein ganz klein wenig Französisch lernt). Andererseits könnte dieselbe Person Satz (10) nicht verstehen, da sie nicht wüßte, was das ist, das mit <le diable> bezeichnet wird."

Selbstbezügliche Sätze

"Und nun" , sagte der Zauberer, "möchte ich zum interessanteren Problem der Konstruktion von Sätzen, die sich auf sich selbst beziehen, kommen. Nehmen wir an, wir wollen einen Satz konstruieren, der sich selbst eine bestimmte Eigenschaft zuweist. Um genau zu sein : Laßt uns von der Eigenschaft, von John gelesen zu werden, ausgehen. Wie bauen wir einen Satz auf, der behauptet, daß er von John gelesen wird ? Natürlich besteht eine offensichtliche Methode, dies zu tun, darin, den folgenden Satz zu konstruieren:

(12) John liest diesen Satz.

"Es wird deutlich, daß der Satz (12) nur dann wahr ist, wenn John diesen Satz (12) liest. Der Satz enthält jedoch das Indexwort <diesen> , und was wir erreichen wollen, ist dieselbe Selbstbezüglichkeit ohne den Gebrauch eines solchen."  "Was meinen Sie mit Indexwort ?" fragte Annabel. "Oh, ein Indexwort ist ein kontextabhängiges Bezugswort. <James Smith> ist beispielsweise kein Indexwort, denn es bezeichnet in jedem Zusammenhang die Person James Smith; dagegen ist das Wort <ich> ein typisches Indexwort, denn wenn es von einer Person benutzt wird, bezeichnet es eine andere Person, als wenn es von einer anderen benutzt wird : Wenn James Smith <Ich> sagt, meint er James Smith, und bei einem <Ich> von Paul Jones ist eben dieser Paul Jones gemeint. Ein anderes Indexwort ist das Wort <Du>, dessen Bezug von der Person abhängt, an die es gerichtet wird. Ein weiteres Indexwort ist das Wort <nun>, das zu unterschiedlichen Zeitpunkten auch verschiedene Momente bezeichnet.

Der Logiker Raymond Smullyan hat die Indexwörter halb im Scherz Chamäleon - Ausdrücke genannt und hat darüber in seinem Artikel mit dem Titel <Chameleonic Languages> geschrieben. In diesem Aufsatz drückt er es so aus : < Wie ein Chamäleon, dessen Farbe von der Umgebung abhängt, verändern diese Wörter ihre Bedeutung von Kontext zu Kontext >. Einer seiner Freunde mit einem ausgeprägten Sinn für Humor schrieb ihm, als er von der Veröffentlichung von Smullyans Aufsatz hörte : < Ich habe von Deinen chamäleonartigen Sprachen gehört. Ich weis genau, was sie sind; nur nehme ich an, daß sie nicht das sind, was sie zu sein scheinen >.

Wie dem auch sei, ich nehme an, ihr wißt jetzt, was Chamäleon - oder Indexausdrücke sind. Der Ausdruck <dieser Satz> ist offensichtlich ein Indexwort; seine Bedeutung hängt von dem Satz ab, in dem es verwandt wird - natürlich vorausgesetzt, daß es in dem Satz gebraucht und nicht benannt wird." "Dem kann ich nicht ganz folgen", warf Annabel ein. "Gut, seht euch den nächsten Satz an, und sagt mir, ob er wahr oder falsch ist."

(13) Dieser Satz hat fünf Wörter.

"Dieser Satz ist richtig", bestätigte Alexander. "er besteht aus fünf Wörtern." "Richtig", sagte der Zauberer. " Wie sieht es mit dem folgenden aus ?"

(14) Dieser Satz hat genau zwei Wörter.

"Das ist selbstverständlich falsch" , sagte Annabel. "Richtig. Wie steht es mit diesem ?"

(15) "Dieser Satz" hat genau zwei Wörter.

"Oh, ich fange an zu verstehen, was Sie meinen", sagte Annnabel. "das letzte, was Sie geschrieben haben, ist in der tat wahr. Satz (15) sagt nicht aus, daß dieser Satz genau zwei Wörter hat, was ganz offensichtlich nicht der Fall ist, sondern daß der Ausdruck <dieser Satz> aus zwei Wörtern besteht, was der Wahrheit entspricht. Auf der anderen Seite beinhaltet Satz (14) nicht, daß <dieser Satz> genau zwei Wörter hat, sondern daß der ganze Satz (14) aus genau zwei Wörtern besteht, was eindeutig falsch ist - es sind sechs Wörter." "Sehr gut", lobte der Zauberer. "Ich sehe, daß ihr langsam in der Lage seid, zwischen Gebrauch und Benennung zu unterscheiden. Ihr erkennt nun, daß der Ausdruck <dieser Satz> nicht indexikalisch ist, wenn er in Anführungsstrichen steht; er bezeichnet immer die zwei Wörter, die innerhalb der Anführungsstriche auftreten. Und nun werde ich euch erklären, wie man Selbstbezüglichkeit erreichen kann, ohne Indexwörter zu verwenden." "Warum sollte man das tun wollen ?" fragte Annabel. "was ist an Indexwörtern falsch ? Sie scheinen sehr nützlich zu sein! " "Das sind sie natürlich", sagte der Zauberer. " Sie machen sich sehr gut in Sprachen wie gewöhnlichem Deutsch, die über Indexwörter verfügen, aber für formale mathematische Systeme, wie sie Kurt Gödel studiert hat - und auf die ich hinauswill - , gibt es keine Indexwörter; deswegen mußte Gödel Selbstbezüglichkeit ohne den Gebrauch von Indexwörtern ausdrücken." "Wie hat er das gemacht?" wollte Alexander wissen. "Dazu komme ich jetzt. Ihr wißt, daß in der Algebra die Buchstaben x und y für unbekannte Zahlen stehen . Ich werde also den Buchstaben x als Platzhalter für unbekannte Ausdrücke des alltäglichen Deutsch benutzen. In Anwendung einer grundlegenden Idee Gödels definiere ich jetzt die Diagonalisierung eines Ausdrucks als das Resultat des Ersetzens von Symbol x durch das Zitieren des kompletten Ausdrucks. Betrachtet beispielsweise den folgenden Ausdruck:

(1) John liest x.

Ausdruck (1) ist kein Satz; so, wie er da steht, ist er weder wahr noch falsch, weil wir nicht wissen, wofür das Symbol x steht. Wenn wir x durch einen bestimmten Ausdruck ersetzen, dann wird aus (1) ein richtiger Satz, der je nachdem wahr oder falsch sein kann. Wir könnten sogar x durch ein Zitat des Ausdrucks (1) ersetzen und damit seine Diagonalisierung wie folgt erhalten :

(2) John liest " John liest x " .

Nun ist (2) ein wirklicher Satz ; er sagt aus, daß John Ausdruck (1) liest, und dies ist dann und nur dann wahr, wenn John (1) liest. (2) ist jedoch nicht selbstbezüglich; er sagt nicht aus, daß John (2) liest, sondern daß John (1) liest. Um einen selbstbezüglichen Satz zu erhalten, fangen wir anstelle mit Ausdruck (1) mit dem folgenden an:

(3) John liest die Diagonalisierung von x.

Werfen wir nun einen Blick auf die Diagonalisierung von Ausdruck (3)

(4) John liest die Diagonalisierung von "John liest die Diagonalisierung von x".

Zunächst scheint (4) nicht besonders viel Sinn zu mache, aber ein wenig Nachdenken zeigt, daß er durchaus sinnvoll ist und darüber hinaus etwas sehr Interessantes offenbart: Satz (4) sagt aus, daß John die Diagonalisierung von (3) liest, aber die Diagonalisierung von (3) ist (4) selbst. Somit sagt Satz (4) aus, daß John eben jenen Satz (4) liest ! Damit ist (4) ein selbstbezüglicher Satz. Das Verdienst für diese grundlegende Idee gebührt Gödel. Ich glaube, daß es einfacher ist, dies Symbolisch zu betrachten. Verwenden wir den Buchstaben J als Abkürzung für <John liest> und gebrauchen wir D, um <die Diagonalisierung von> abzukürzen. Damit lautet (1) in abgekürzter Schreibweise :

(5)  J x

Seine Diagonalisierung lautet :

(6) J " Jx".

Die Aussage von (6) ist, daß John den aus zwei Buchstaben bestehenden Ausdruck "Jx" liest - damit sagt (6) aus, daß John (5) liest. Dies ist nicht selbstbezüglich; (6) bedeutet nicht, daß John liest. Betrachtet nun den folgenden Satz:

(7) JDx.

Seine Diagonalisierung ist :

(8) JD " JDx".

(8) sagt aus, daß John die Diagonalisierung von (7) liest, aber die Diagonalisierung von (7) ist (8) selbst. Damit ist (8) selbstbezüglich - Satz (8) sagt aus, daß John Satz (8) liest !

Selbstbezüglichkeit hat eine entscheidende Bedeutung für Gödels berühmten Unvollständigkeitssatz, von dem ich euch später erzählen werden. Und die Idee der Diagonalisierung ähnelt sehr stark der Technik, die Gödel benutze, um Selbstbezüglichkeit zu erreichen. Es gibt allerdings einfachere Methoden - wie später von den Logikern Tarski, Willard Quine und Raymond Smullyan entdeckt wurde -, und eine von diesen werde ich euch jetzt erläutern. In seinem Aufsatz Languages in Which Self-Reference Is Possible  (<Sprachen, die Selbstbezüglichkeit erlauben >) definiert Smullyan die Norm eines Ausdrucks als einen Ausdruck, gefolgt von seinem eigenen Zitat. Betrachten wir ein Beispiel. Beginnen wir mit folgendem Ausdruck:

(9) John liest.

Seine Norm ist :

(10) John liest " John liest".

Satz (10) ist nicht selbstbezüglich; er sagt nicht aus, daß John (10) liest, sondern daß John (9) liest. Betrachten wir nun anstelle von (9) folgenden Satz :

(11) John liest die Norm von.

Seine Norm ist :

(12) John liest die Norm von " John liest die Norm von " .

Satz (12) ist selbstbezüglich; er sagt aus, daß John die Norm von (11) liest, aber die Norm von (11) ist (12) selbst. Betrachten wir nun die symbolische Version. Wie vorhin soll J für <John liest> stehen, und wir benutzen nun N, um <die Norm von> abzukürzen. In Kurzform sieht (11) dann so aus:

(13) JN.

Und (12) ist abgekürzt:

(14) JN " JN ".

(14) ist nun die Norm von (13). Satz (14) sagt auch aus, daß John die Norm von (13) liest. Damit stellt (14) fest, daß John (14) liest, also ist (14) ein selbstbezüglicher Satz. Vergleicht den selbstbezüglichen Satz JN <JN>, der auf der Normierung basiert, mit dem Satz JD <JDx>, der auf der Diagonalisierung beruht und der vorhin vorkam.

Können wir mit Hilfe der Diagonalisierung einen Ausdruck konstruieren, der sich selbst bezeichnet ? Ja, D<Dx> ist solch ein Ausdruck, der die Diagonalisierung von Dx bezeichnet, und die Diagonalisierung von Dx ist D<Dx>. Damit ist D<Dx> selbstbezüglich.

Aber durch den Gebrauch der Normierung wird die Lösung noch einfacher : Der Ausdruck N<N> bezeichnet die Norm des Buchstabens, die N<N> lautet. Demnach bezeichnet N<N> sich selbst. Natürlich stimmt dies überein mit dem NQ1NQ2 von Professor Quincys System, wobei lediglich Q1 anstelle der ersten Anführungszeichen und Q2 anstelle der abschließenden Anführungszeichen verwandt wird. das war es, was Quincy meinte, als er sagte, daß sein System auf einer zweistelligen Zitation beruht.

"Oh, ich bin wirklich froh, dies nun zu verstehen" , sagte Annabel. "Ich war richtig verwirrt, als er dies sagte, aber ich wollte ihn nicht unterbrechen. Er hat daneben auch Systeme erwähnt, die auf einseitiger Zitation basieren. Wie sehen diese aus ?"

"Man gebraucht eröffnende Anführungszeichen, aber keine Abschließenden", antwortete der Zauberer. "Das hat gegenüber der zweiseitigen Zitation bestimmte Vor und Nachteile. Man nimmt ein Symbol - nicht das gängige für öffnende Anführungszeichen -. sagen wir das Symbol *, und bei einem gegebenem Ausdruck x benutzt man *x anstelle von x als Bezeichnung von x. Wie ich bereits gesagt habe, hat dies bestimmte Vorteile, die ich in Kürze erklären will. Bestimmte Computersprachen wie LISP benutzen die einseitige Zitation.

Entsprechend der Terminologie von Professor McCulloch (aus Smullyans Buch The Lady or the Tiger ? ) definieren wir das Assoziative eines Ausdrucks als diesen Ausdruck, gefolgt von einem Sternchen (dem Symbol <*>), wiederum gefolgt von dem Ausdruck. Und nun verwenden wir das Symbol A, um < das Assoziative von> abzukürzen. Dann können wir anstelle von JN<JN> als einen Satz, der beinhaltet, daß John ihn liest, folgendes verwenden:

(15) JA*JA

Satz (15) sagt aus, daß John das Assoziative von JA liest, aber das Assoziative von JA ist eben jener Satz Ja*JA. Und damit ergibt sich eine weitere Methode, Selbstbezüglichkeit zu erreichen.

Demnach ist ein Ausdruck, der sich selbst bezeichnet, A*A. Er kennzeichnet das Assoziative von A, welches A*A ist.

Ein Vorteil der einseitigen Zitation liegt darin, daß sie eine relativ leichte Methode zur Bildung eines Kreuzverweises - der Verbindung zweier Sätze , von denen jeder eine Aussage über den anderen macht - anbietet. Betrachten wir beispielsweise zwei Individuen - John und Paul - und versuchen wir, zwei Sätze x und y so zu konstruieren, daß John y liest und daß y aussagt, daß Paul liest. Wie kann man dies erreichen ? Kürzen wir ferner <John liest> mit J, und <Paul liest> mit P ab. Wie können wir die Sätze x und y bilden ?

-  1  -

Wie kann man diese konstruieren ? Es gibt zwei Lösungen.

Lösung : Eine Lösung : x = J*PA*J*PA   y = PA*J*PA

eine weitere Lösung : x = JA*P*JA      y = P*JA*P*JA

-  2  -

Nehmen wir an, wir betrachten nun zusätzlich eine dritte Person - nennen wir sie William - und benutzen dabei den Buchstaben W als Abkürzung für <William liest>. Kostruiere die Sätze x,y und z dergestalt, daß x aussagt, daß John y liest, y, daß Paul z liest und z beinhaltet, daß William x liest.

Diese Idee des Assoziativen", fuhr der Zauberer fort, "war die Basis einiger Systeme von McCulloch, welche in dem Buch The Lady or the Tiger ? erörtert wurden. Nun ist es so, daß der Vorgang des Wiederholens genausogut benutzt werden kann wie die Möglichkeit der Verwendung eines Assoziativen, um Selbstbezüglichkeit und Kreuzverweis zu erreichen. Ich glaube nicht, daß Smullyan sich dessen bewußt war, als er The Lady or the Tiger? schrieb, doch hat er dies in einem späteren Aufsatz mit dem Titel Quotation and Self-Reference (<Zitat und Selbstbezüglichkeit>) demonstriert. Werfen wir nun einen Blick auf die damit verbundenen Ideen. Mit der Wiederholung eines Ausdrucks meinen wir, daß dieser auf sich selbst folgt. Benutzen wir den Buchstaben R, um <die Wiederholung von> abzukürzen. Wie können wir mit Hilfe der Symbole J, R und *einen Satz konstruieren, der aussagt, daß er von John gelesen wird ? Ein häufig gemachter falscher Vorschlag ist  JR*JR. Dies ist falsch, weil JR*JR bedeutet, daß John die Wiederholung von JR, also JRJR, liest. Damit hat JR*JR zur Aussage, daß John JRJR, aber nicht, daß er JR*JR liest. Die korrekte Lösung ist JR*JR*. Dieser Satz besagt, daß John die Wiederholung von JR*, eben diesen Satz JR*JR, liest. Vergleichen wir nun die vier Möglichkeiten, die wir nun haben, einen Satz zu bilden, der beinhaltet, daß John diesen liest. Wir können dazu entweder Diagonalisierung, Normierung, Assoziatives oder Wiederholung benutzen, und wir erhalten dementsprechend die  folgenden vier Sätze : 

(i) JD"JDx".

(ii) JN"JN".

(iii) JA*JA.

(iv) JR*JR*

Natürlich ist die Methode der Wiederholung der Kern des Programmiersystems von Charles Roberts. Ich weiß nicht, ob dies Roberts eigene Idee war oder ob er sie von Smullyan übernommen hat. Außerdem kann Wiederholung genausogut wie Assoziativ verwandt werden, um einen Kreuzverweis zu erhalten.

Lösung : Eine Lösung : x = J*P*WA*J*P*WA   y = P*WA*J*P*WA  z = WA*J*P*WA  (Es gibt mindestens zwei weitere Lösungen.)

-   3   -

Konstruiere mit Hilfe der Symbole J,P,R,* die Sätze x und y so, daß x besagt, daß John y liest und y ausdrückt, daß Paul x liest.

Selbstbezug unter Zuhilfenahme der Gödel-Nummerierung

"Ich habe von dem Ausdruck Gödel-Numerierung gehört", sagte Annabel, "und man hat mir erzählt, daß Gödel sie benutzt hat, um Selbstbezüglichkeit auszudrücken. Könnten Sie uns das erklären ?" "Sicherlich. Seht ihr, die Sätze in den von Gödel untersuchten mathematischen Systemen machen Aussagen über Zahlen und Mengen, nicht aber über Sätze. Die Systeme benutzen nichts, was mit Anführungszeichen oder ähnlichen Dingen vergleichbar wäre, um direkte Aussagen über Ausdrücke zu machen. Gödel hat dies geschickt umgangen, indem er jedem Satz eine Zahl zugeordnet hat, welche die Gödelzahl des Satzes genannt wird. Die Gödelzahl eines Satzes übernimmt in etwa die Funktion der Ziatation eines Satzes. Um eine vereinfachte Vorstellung zu erhalten, gehen wir davon aus, daß ich allen Sätzen der Deutschen Sprache  eine Zahl zuordne und in der Lage bin, eine Zahl n zu finden, welche die Gödelzahl des folgenden Satzes ist :

John liest den Satz, dessen Gödelzahl n ist.

Aber n ist die Gödelzahl genau dieses Satzes, und daher drückt der Satz auf Umwegen aus, daß John ihn liest. Wie kann man dies erreichen ? Ich werd euch zwei Wege zeigen - der erste verwendet Gödels Diagonalisierungsmethode. Wie vorhin schreiben wir J für <John liest> und D für <die Diagonalisierung von>, aber jetzt wird das Wort <Diagonalisierung> in einer anderen Bedeutung verwandt. Benutzen wir die fünf Symbole J,D,x,1,0, und schreiben wir diesen fünf Symbolen die entsprechenden Gödelzahlen 10, 100, 1000, 10000, 1000000 zu. Zur Verdeutlichung schreibe ich diese fünf Symbole, die Gödelzahlen auf der unteren Zeile, auf.

J        D         x            1                 0

10     100    1000      10000        1000000

Dann gilt für jeden aus diesen fünf Symbolen zusammengesetzten Ausdruck, daß, wenn wir jedes Symbol durch seine Gödelzahl ersetzen, wir die Gödelzahl des Ausdrucks erhalten. Zum Beispiel hat der Ausdruck xJ1D die Gödelzahl 10001010000100; der Ausdruck DJ hat die Gödelzahl 10010. Wir definieren nun die Diagonalisierung eines Ausdrucks neu als das Ergebnis der Ersetzung des Symbols x nicht mit Hilfe der Zitierform des Ausdrucks (in diesem System gibt es keine), sondern durch die Gödelzahl des Ausdrucks (natürlich geschrieben im üblichen Dezimalsystem). Die Diagonalisierung von Jx beispielsweise lautet J101000. Die Diagonalisierung von DxJ ist D100100010J. Und nun definieren wir für jede Gödelzahl n, daß Jn nicht aussagt, daß John die Zahl n liest, sondern daß er den Ausdruck liest, dessen Gödelzahl n ist. Zum Beispiel besagt J10000100, daß John den Ausdruck <1D> liest. Oder J10, daß John den Buchstaben J liest. Oder auch J10010, daß John DJ liest. Und nun interpretieren wir JDn als die Aussage, daß John die Diagonalisierung des Ausdrucks, dessen Gödelzahl n ist, liest. JD10100010 besagt beispielsweise, daß John die Diagonalisierung des Ausdrucks mit der Gödelzahl 10100010 liest. Nun, der Ausdruck, der die Gödelzahl 10100010 hat, ist JxJ, und die Diagonalisierung von JxJ ist J10100010J. Damit sagt JD10100010 aus, daß John den (bedeutungslosen) Ausdruck J10100010 liest. Jetzt sollte es klar sein, wie man einen Satz konstruiert, der besagt, daß John eben diesen Satz liest."

Lösung : Eine Lösung : x = J*PR*J*PR*   y = PR*J*PR*    Eine weitere Lösung : x = JR*P*JR*   y = P*JR*P*JR*

- 4 -

Finde den Satz.

"Das Prinzip der Gödel-Numerierung kann man nun - statt mit der Diagonalisierung - auch mit der Normalisierung verwenden; dies hat Smullyan getan. Er tat in etwa folgendes : Benutzen wir die vier Symbole  J  N  1  0 - das x brauchen wir nicht mehr. Ordnen wir diesen die entsprechenden Gödelzahlen 10, 100, 1000, 10000 zu. Man erhält wieder die Gödezahl eines zusammengesetzen Ausdrucks, wenn man jedes der vier Symbole durch seine Gödelzahl ersetzt. Und nun definieren wir die Norm eines Ausdrucks neu als einen Ausdruck, gefolgt von seiner Gödelzahl. Die Norm von J1Jn beispielsweise lautet J1JN10100010100.  JNn bedeutet nun, daß die Norm des Audrucks liest, dessen Gödelzahl n ist. (Wenn n nicht die Gödelzahl eines beliebigen Ausdrucks ist, dann gilt JNn als falsch.)"

Lösung : JD101001000

- 5 -

Welcher einfache Satz sagt nun aber aus, daß John ihn liest ?

Lösung : JN10100

Das spezielle System des Zauberers

"Neulich", sagte der Zauberer mit einem stolzen Lächeln, "habe ich ein anderes Selbstbezüglichkeitsschema erdacht, das weder Anführungszeichen noch Gödelnummerierung verwendet und das außer für den Selbstbezug auch sehr gut für den Kreuzverweis benutzt werden kann. Es hat eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu Simpsons Methode der Programmierung: Für jeden Ausdruck x werde ich von jetzt an Jx in der Bedeutung verwenden, daß John eben diesen Ausdruck x liest. Ich werde x weder in Anführungszeichen setzen, noch x mit einem Sternchen kennzeichnen, noch auch die Gödelzahl von x verwenden. Ich werde kühn Jx schreiben, um auszudrücken, daß John x liest. Und nun werde ich mit Jx meinen, daß John die Wiederholung von x liest. Damit besagt Jx, daß John xx liest. (Jxx meint dasselbe.) Selbstbezüglichkeit ist nun vollkommen trivial erreichbar; der Satz JJ besagt, daß John die Wiederholung von J liest, also JJ. Damit drückt JJ aus, daß John eben diesen Satz liest. Das ist eine Methode, Selbstbezüglichkeit zu erreichen, wie sie einfacher kaum vorstellbar ist. Kreuzverweis ist zwar nicht ganz so einfach, aber immer noch recht problemlos zu erreichen, verglichen mit den anderen hier diskutierten Methoden. Ich werde Px verwenden, um auszudrücken, daß Paul x liest, und Px dafür, daß er xx liest. Damit übereinstimmend werde ich für William W beziehungsweise W gebrauchen. Könnt ihr erkennen, wie man dann die Sätze x und y so aufbauen kann, daß x besagt, daß John y liest, und y, daß Paul x liest ? Und seht ihr jetzt, wie man die Sätze x, y und z derartig konstruiert, daß x aussagt, daß John y liest, y, daß Paul z liest, und z, daß William x liest ?"

Lösung : Das erste Problem besteht darin, x und y so zu konstruieren, daß x besagt, daß John y liest, und y besagt, daß Paul x liest.

Eine Lösung : x = JPJP  y = PJP

Eine weitere Lösung : x = JPJ  y = PJPJ

Dies ist natürlich sehr ökonomisch - klar und einfach - , verglichen mit den anderen Methoden, die wir kennengelernt haben. Hut ab vor dem Zauberer ! Nun zu dem Dreierzyklus- Problem des Zauberers. Es gibt die folgenden drei Lösungen :

x :       JPWJPW        JPWJP          JPWJ

y :        P WJPW         PWJP            PWJPWJ

z :        WJPW           WJPWJP       WJPWJ

HIER GEHTS WEITER:  DIE MINIATUR-GÖDELSPRACHE DES ZAUBERERS